Bricht Stadtverordnetenvorsteher geltendes Recht ?
Computer halten Einzug in unser Leben seit vielen Jahren. Smartphones, Tablets gehören mittlerweile zur Standardausrüstung fast aller Familien. Auch die öffentliche Verwaltung ist da nicht stehengeblieben, die Stadt Reinheim hat erst vor kurzen ihren Webauftritt modernisieren lassen. Ist das auch bis zum Stadtverordnetenvorsteher vorgedrungen? Wir haben unsere Zweifel.
Und wir sehen mit großem Staunen, dass der Stadtverordnetenvorsteher bereit ist, die geltende Geschäftsordnung zu ignorieren und damit geltendes Recht zu brechen.
Was ist passiert? Die Stadtverordneten können Anträge zur nächsten Sitzung stellen, es muss aber eine Frist von drei Wochen vor der Sitzung eingehalten werden. Normalerweise ist die Sitzung Dienstags, also gilt der Montag drei Wochen vorher als Stichtag für Anträge. Diese drei Wochen Frist steht in der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung und wurde gewählt, um in den Fraktionen ausreichend Zeit zur Diskussion der Anträge zu haben, und um evtl. auch Beratung von Sachverständigen einholen zu können.
Seit vielen Jahren nutzt die Stadt ein Ratsinformationssystem, mit dem man eben diese Anträge im heimischen Computer eintippen und dann auch von dort einsenden kann. Laut Geschäftsordnung ist dieser elektronische Antrag sogar vorgeschrieben. Der althergebrachte Papierweg wird zwar erlaubt, wird aber immer weniger angewandt, da intern ein höherer Verwaltungsaufwand entsteht.
Jetzt hat ein Stadtverordneter des RK einen Antrag an besagtem Montag, dem „normalen“ Stichtag, abgeschickt, also zwei Tage vor Ablauf der laut Geschäftsordnung geltenden Frist.
Stadtverordnetenvorsteher Heiligenthal aber sah die Frist „Montag 18:00 Uhr“ bereits abgelaufen, weil unser Stadtverordneter, da er ehrenamtlich tätig ist, den Antrag erst nach Büroschluss um 19:39 Uhr eingereicht hat.
19:39 Uhr? Wieso können wir das so genau sagen? Weil der Antrag dem Antragsteller stets binnen weniger Minuten digital übermittelt wird, also bereits fix und fertig versendbar vorliegt. Er kann also durchaus am Tag nach dem Ende der Frist an alle Stadtverordneten übermittelt werden.
Jetzt hat sich, möglicherweise wg der Bundestagswahl, der Termin für die nächste Parlamentssitzung auf Donnerstag, den 28. September verschoben, also war der Antrag ohne Wenn und Aber fristgerecht eingereicht worden, 18 Uhr Frist hin oder her.
Dennoch ist der Vorsteher auch nach Einreichung eines Widerspruches durch den Reinheimer Kreis nicht bereit, die von ihm herausgegebene Tagesordnung nachträglich zu ändern, was sogar noch fristgerecht (14 Tage vor der Sitzung) möglich gewesen wäre. Er ist also bereit, geltendes Recht zu ignorieren und zu brechen, nur um seine gewohnten Abläufe nicht ändern zu müssen.
Die Möglichkeit nach Dienstschluss mittels digitalen Mitteln noch aktiv zu sein, scheint im Weltbild des Vorstehers sowieso nicht zu existieren.
Reinheim ist eben immer noch Dorf 0.4. Und Regeln werden nur dann eingehalten, wenn es in den eigenen Kram passt. Und wenn nicht, na dann wird ein wenig getrickst.
Digitalstadt Darmstadt: Hilfe!
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Hier die nackten Fakten:
Die Aufgabe des Vorsitzenden der Gemeindevertretung ergibt sich aus der HGO § 58 Absatz 5 Satz 2 und 3.
Hier der original Text aus der HGO
„Im Übrigen hat der Vorsitzende die Anträge einzelner Gemeindevertreter und Fraktion auf die Tagesordnung zu setzen, die bis zu einem bestimmten, in der Geschäftsordnung festzulegenden Zeitpunkt vor der Sitzung bei ihm eingehen.“
In der Geschäftsordnung der StVV der Stadt Reinheim steht unter § 14 Anträge
(4) Anträge sind über das Ratsinformationssystem der Stadt Reinheim einzureichen…
Zwischen dem Zugang der Anträge bei dem Vorsitzenden und dem Sitzungstag müssen mindestens 21 Tage liegen.
In unserem Falle hat Jörg den Antrag am Montag, 4. Sept eingereicht und er wurde am 5. Sept vom Vorsitzenden abgelehnt. Die Begründung war, dass die 21 Tage Antragsfrist nicht eingehalten wurde. Der Sitzungstermin ist der 28. September, und wenn wir 28 minus 4 rechnen, ist das Ergebnis 24, also größer 21. Und selbst wenn wir den 5. September nehmen und 28 minus 5 rechnen.. ach, Sie verstehen schon!
Das ist aber ein Trugschluss, da der Antrag ja nachweislich am Montag eingegangen ist, und selbst der Mittwoch noch ausgereicht hätte. Und dass ein Antrag abends nach Büroschluss eingeht, ist für Ehrenamtliche nun wirklich nichts Unnormales.
Es gehört zu den großen Merkwürdigkeiten und für Irritationen bei so manchem Außenstehenden, was in der Hinsicht auf Trickserei bei der SPD so möglich ist. Da werden die meisten Anträge anderer Parteigruppierungen – weil sie der SPD nicht passen – erst mal abgelehnt. Nach einem längerem Zeitpunkt taucht dann ein, mit anderer Wortwahl aber im Sinn das Gleiche, als interfraktioneller Antrag gestellt von der SPD wieder auf. Es geht noch frecher als Antrag nur der SPD. Dieses Spiel der Trickserei müsste die Fraktion „Reinheimer Kreis“ doch kennen. Was nutzt es da sich aufzuregen. Da hilft nur noch besser in der Politik werden und ehrlich ohne jegliche Polemik.
Dem kann ich nur zustimmen!
Was ist aus der Sache geworden?
Unser Antrag für die Stadtverordnetenversammlung wurde wie berichtet widerrechtlich nicht in die Tagesordnung der letzten Stadtverordnetensitzung aufgenommen. Stattdessen kommt er jetzt eben in der nächsten Beratungsrunde, wird also am 07.11.2017 in der StaVo beraten werden. Bürgermeister Hartmann hat in der öffentlichen Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses seine Bedenken gegen eine solche Beratung geäußert, weil die Stadtverordneten ja gar nicht beurteilen könnten, was hier Sache sei. Eine aus unserer Sicht bizarre, aber gleichzeitig auch sehr bezeichnende Aussage des Bürgermeisters, die wieder einmal seine tatsächliche Einstellung zu den ehrenamtlichen Parlamentariern offenbart.