Volles Haus bei der Parlamentssitzung zum Thema Haushalt mit Grundsteuererhöhung vermeldet der Stadtverordnetenvorsteher, alle gewählten Vertreter der Bevölkerung sind an diesem wichtigen Tage anwesend. Das ist auch bitter nötig, sieht man auf das Endresultat, was nach 23 Uhr in einem Abstimmungsmarathon erzielt wird:
Die Erhöhung der Grundsteuer auf 450 Punkte wird mit 19 Ja und 18 Nein Stimmen ganz knapp angenommen, ebenso wie der gesamte Haushalt.
Doch was passierte in den drei Stunden dazwischen? Zur Sachlichkeit hatte der Vorsitzende des Parlamentes gemahnt, man möge persönliche Angriffe doch unterlassen. Das klappte auch erstaunlich gut, sieht man von ein paar Sticheleien eines Einzelnen mal großzügig hinweg.
Der Magistrat hatte das Defizit, was uns noch vor der Wahl Kopfzerbrechen einbrachte unter anderem durch Wegfall der Dachsanierung Bauhof oder Verkleinerung des Postens „barrierefreie Stadt“ reduziert und auf der anderen Seite die Einnahmen durch besagte Grundsteuererhöhung aufgepeppt.
CDU, FWG, sowie Reinheimer Kreis haben eigene Anträge gestellt, wie dem Defizit ohne massive Steuererhöhung, aber mit eine moderaten Anhebung auf 365 Prozentpunkte beizukommen sei.
Die DKP, die sonst gerne Haushaltsanträge stellt, blieb diesmal stumm. Fällt ihr ausser dem Thema „Windelsäcke“, welches ja nun erfolgreich im Haushalt eingepflegt wurde, nichts mehr ein? Soziale Themen, wie „aufsuchende Sozialarbeit“ hätte man doch schon aus ihrer Feder erwartet. Oder vielleicht eher eine Unterstützung und Vertretung der Ziele, Forderungen und Arbeit der Reinheimer Erwerbslosengemeinschaft im politischen Raum? Man wolle laut eigener Aussage weder Steuern erhöhen, noch sparen, sondern Gelder umverteilen. Genug Geld sei imStaat da, das sehe man ja an den Milliarden für die Bankenrettung oder neuen Etats für die Bundeswehr. Diese Gelder kämen aber nicht in Reinheim bzw allgemein den Kommunen an.
Die Koalition aus SPD und Grüne hat auch keine Anträge gestellt. Sie machte das, was sie fast immer macht, sie lässt den Magistrat arbeiten, stellt sich hinter dessen Ergebnisse und stimmt allem was von dort kommt zu. Das hat Tradidtion, in der letzten Amtsperiode von 2011 bis 2016 hatte die SPD vielleicht gerade mal fünf bis zehn Anträge gestellt. Warum stellen die Parteien der Koaltion denn fast keine eigenen Anträge? Fehlt ihnen das poltische Gespür? Fehlt ihnen eine eigene Vision, was für die Stadt gut wäre? Fehlt ihnen die Chuzpe, auch mal gegen die Magistratsmeinung zu sein?
Prüfen denn die Parlamentarier der Koalition überhaupt die Aussagen aus dem Magistrat? Klar, man vertraut den Aussagen der langjährigen Wortführer. Aber auch die wollen vielleicht mal nur das sagen, was ihnen in den Kram passt? Und anderes weglassen? Ein schönes Beispiel war die Bevölkerungsentwicklung in Reinheim.
Ein Abgeordneter wirft den Begriff „Bevölkerungsrückgang“ in den Raum. Der Bürgermeister entgegnet, das wäre Schnee von gestern, aus dem Jahre 2008, und winkt mit einem Zeitungstext aus diesem Jahre.
Die Fakten kann man auf den Seiten des Landkreises unter Zahlen-und-Fakten abrufen.
Man sieht einen Sprung in 2012, aufgrund einer neuen Volkszählung. Dieser Erklärt die Meinungsverschiedenheiten aber nur bedingt. Verglichen mit dem gesamten Landkreis entwickelt sich die Bevölkerung in Reinheim eher negativ.
Wir sehen, je nach politischer Sichtweise der Dinge kann man von „Bevölkerungsrückgang“ sprechen, oder ihn auch ablehnen. Wie man an oben genannter Seite auch sieht, ist die Anzahl unter 6 jähriger in Reinheim unterdurchschnittlich, und die Zahl der über 60 Jährigen dagegen überdurchschnittlich. Sollte man nicht daraus den Schluss ziehen, Reinheim attraktiver für junge Familien zu machen, und versuchen andere Wege zu diesem Ziel zu gehen, als die bisherigen?
Die Frage ist, will man aktiv an dem Erfolg der Stadt mitgestalten, oder will man diese Entscheidung anderen überlassen.
Fortschritt in der Politik entsteht nicht durch Festhalten an der Tradition, sondern durch stetiges Hinterfragen von nicht mehr zeitgemässen Vorgängen und Entscheidungen.
Ein sehr schön zusammengefasster Bericht des Dienstagabends.
Ich möchte mir erlauben, eine kurze Anekdote aus der langwierigen, aber keinesfalls langweiligen Parlamentssitzung, anzubringen:
Nachdem intensiv debattiert wurde und (fast) alles gesagt war, stieg der für diesen Abend amtierende stellvertretende (SPD-) Stadtverordnetenvorsteher von oben herab, trat ans Rednerpult und stellte folgende Behauptung auf:
Die Grundsteuererhöhung würde zunächst nur die Immobilieneigentümer treffen, nicht aber die Mieter, da aufgrund der Mietpreisbremse die Mieten nicht so einfach erhöht werden könnten.
Ich wage jetzt nicht zu beurteilen, ob diese groteske Aussage aus persönlicher Uninformiertheit oder dem barschen Versuch der völligen Desinformation der Anwesenden entsprungen ist, beide Varianten halte ich aber für bemerkenswert.
Fakt ist aber: Sowohl die „Mietpreisbremse“ (bei Neuvermietung als Erstvermietung oder bei Mieterwechsel), als auch die „Kappungsgrenze“ (Mieterhöhungen im Verlauf eines bestehenden Mietverhältnisses) beziehen sich auf die „Netto- Kaltmiete“.
Die Erhöhung der Grundsteuer bedeutet aber keine Erhöhung dieser sondern eine Erhöhung der „Betriebskosten“ im Sinne des §556 Bürgerliches Gesetzbuch. Es ist der absolute Normalfall das bei einem gängigen Mietvertrag eine Betriebskostenvereinbarung getroffen wird (das sind dann die landläufigen „Nebenkosten“).
So mancher Reinheimer Mieter, der bis jetzt noch nichts von der Grundsteuererhöhung gehört hat oder über die Rechtslage uninformiert ist wird sich also spätestens, wenn er die „Nebenkostenabrechnung“ seines Vermieters für 2016 erhält verwundert die Augen reiben.
Auch viel Spaß den Vermietern, die sich dann mit ihren Mietern rumschlagen dürfen, damit diese die Sachlage verstehen.
Eine Anmerkung noch: in Reinheim gilt die „Mietpreisbremse“ nicht.
Siehe: Hessische Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Hessische Mietenbegrenzungsverordnung) vom 17.11.2015 (GVBl. 2015 S. 397).
(Wäre wohl auch absurd, in Reinheim, bei unserer Einwohnerzahlsituation, von einem „angespannten Wohnungsmarkt“ zu sprechen.)
Hallo Andreas,
dem besagtem SPD Politiker hätte in der Tat ein wenig mehr Recherche vor seinem Auftritt gut getan, so spricht selbst der „Interessensverband Mieterschutz“ von den Grundsteuern, die als Nebenkosten zu tragen sind:
http://www.iv-mieterschutz.de/mietrecht/betriebskosten-nebenkosten/grundsteuer/
Aber wir wollen ja hier nicht SPD Bashing betreiben. Die ca. 10 Euro monatlich, die zu löhnen sind, hat man durch die aktuell niedrigen Benzinpreise locker eingespart. Oder einfach mal weniger Rauchen, das hält einen auch gesund.
Leute, die kein Auto fahren und auch nicht Rauchen müssen sich nun leider etwas anderes ausdenken 🙂
Hallo Wolfgang,
was das Rauchen angeht, sollte ich mir vielleicht wirklich was überlegen; denn gerade als ich meinen einzigen Glimmstengel während der Sitzung draußen rauchte, wurde über eines meiner Lieblingsthemen debattiert:
http://www.cdu-reinheim.de/download/?file=stellungnahme_cdu_reinheim_projekt_b426g10he_umgehung.pdf
Dumm gelaufen. Aber immerhin war ich ja nur als Zuschauer anwesend 😉
Hallo Herr Krenzer,
zu der STVV vom 14.06.16, möchte ich folgendes bemerken : Mir erscheint es, dass es ein akzeptieren anderer Ansichten, anderer demokratisch gewählten Parteien in der STVV in Reinheim, von der SPD nicht respektiert und überhaupt als nicht diskussionswürdig angenommen werden. Die SPD, die immer ganz vorne in der ersten Reihe mit dabei ist, um Mitarbeit einzufordern und anderen Parteien mangelndes demokratisches Denken ankreidet. Diese Partei hat aber selbst Defizite wie etwa Demokratie- und Transparenzdefizite aufweist und diese Spielregeln nicht einhält, dass muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Selbst die Mahnung von Herrn Heiligental von der SPD – zum Beginn der Sitzung – zum Thema persönliche und polemische Diskussionen, wurde vom Bürgermeister – gleich zum Beginn – nicht beachtet. Ein Abdriften, des Demokratieverständnisses der SPD hier in Reinheim, ist eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Was ist das Resümee, aus der STVV vom 14.06.16, dass von SPD und Grünen den Bürgern in Reinheim „eine teure Zukunft beschert wird“. Der Grund : Weil sich in der letzten Zeit viel finanzielle Probleme auftürmten, die zum Teil hausgemacht sind, müssen nun Steuern erhöht werden.
Ich möchte mich kurzhalten, denn in den Reden von CDU und RK ist schon alles aufgeführt worden.
Ich kritisiere den Willen der SPD, nicht für Kompromisse in der Haushaltsaussprache zugänglich gewesen zu sein.
Ich kritisiere den Willen der SPD, die Grundsteuererhöhung wie diese auch durch die Beiträge der SPD durch Herrn Schäfer, Herrn Knöll und vom Bürgermeister in der Höhe dargelegt wurden. Diese Redebeiträge waren – nach meiner Ansicht – auch in ihrer Länge nur zur Ablenkung der finanziellen Probleme gedacht und beinhalteten unstimmiges und sehr alte Vorgänge wie z.B. Erweiterung der Fa. Merz.
CDU, FWG, sowie Reinheimer Kreis haben vor den Wahlen eigene Anträge gestellt, wie ein Defizit ohne massive Steuererhöhung erreicht werden kann. Die SPD hatte keinerlei Vorschläge zu dieser Zeit unterbreitet, dies kritisiere ich.
Ich kritisiere, dass SPD, Grüne und die DKP das Finanzdesaster in Reinheim hauptsächlich nur der Landesregierung oder dem Bund vorwerfen.
Zustimmen kann ich den Fakten in dem Redebeitrag von Herrn Wend von der CDU, und einem zweiten Redner der CDU – der Name ist mir entfallen – der die hohe Kreditaufnahmen zum Hauptthema hatte und der Beitrag von Herrn Rupp. Die Redebeiträge von Herrn Bürgermeister Hartmann waren sehr abschweifend und er wollte damit – meines Erachtens – auch im Kern von den Beanstandungen von CDU,RK., und FWG. im Haushaltsentwurf der SPD und Grünen ablenken.
Herr Krenzer auch Ihren Kommentar, hier im Forum, zur Haushaltssitzung stimme ich zu.
Wer nicht kämpft, hat schon verloren, getreu diesem Motto sollten sich CDU und RK weiter politisch Engagieren.
Hallo Klaus,
Sie sind der richtige Mann für uns!!! Bitte melden Sie sich, um Mitglied im Reinheimer Kreis zu werden. Ihre vorgenannten Äußerungen unterstreichen die Wortbeiträge und Argumente vom Reinheimer Kreis und CDU!! Übrigens der Redner nach Herrn Wend von der CDU war der neue Stadtverordnete Bernd Fieseler…
Ich würde mich freuen von Ihnen zu hören….
Beste Grüsse
Werner Göckel (Vorsitzender RK)
Ein Hallo in diese Runde,
für mich möchte nachstehendes festhalten. Ich habe des öfteren die Meinungen der SPD verteidigt dies zwar vor dem Wahlkampf. Aber in der Phase der Wahlkampagne der SPD musste ich bemerken, diese Partei ist heute nicht mehr mein Ding. Die Wahl-Kampagne war auch politisch höchst unglaubwürdig von der SPD bezüglich des Finanzhaushaltes. Taten zur Verbesserung der Finanzprobleme in Reinheim blieben auf der Strecke. Aber anscheinend übte sich die SPD eh schon für die Koalition mit den Grünen und für die Mehrheit im Stadtparlament. Eine Fanfare des Aufbruchs, jenes Wannwenn-nicht-jetzt und Wer-wenn-nichtwir war von der SPD zu hören. Für uns Bürger in Reinheim, hat dies nur Steuererhöhung gebracht, ausgerechnet von der SPD wo das Wort „sozialdemokratisch“ doch eine wichtige Sache sein sollte.
Ich glaube viele Bürger fragen sich nach der Sitzung am 14ten im Stadtparlament auch, wie die SPD die Schulden hier in Reinheim finanziert. Und wie es finanziell weitergeht, denn die SPD – so hoffe ich – kennt die Demografie und weiß, dass die Sozialstandards erhalten werden müssen. Die SPD sollte mal darüber nachdenken ob nicht Solidarität mit den anderen Parteigruppierungen nicht auch von Nöten wäre.
Akut wird von der SPD die Finanzierungskrise aus dem öffentliche Bewusstsein verdrängt und gleichzeitig sät diese Partei Zweifel am Sinn und an der Wirkung der anderen Parteigruppierungen. Eine Debatte, innerhalb der SPD, darüber folgte ebenso wenig, wie eine sorgfältige Analyse der vorgeschlagenen Reformen von CDU und FK. in der Finanzierung des Haushaltes. Warum eigentlich wäre es unsozialdemokratisch, wenn man für ein lernendes flexibles Denken und für ein Miteinander eintritt. Aber – und das ist das Dilemma der SPD – die Alternativen verschweigen, Tabuisieren und sich dagegen Immunisieren.
Der öffentlichen Wahrnehmung entgeht keineswegs, dass die finanzielle Schieflage der Haushaltes immer teurer und undurchsichtiger wird, und steuerliche Effekte zeitigt.
Ich hoffe noch mehr Bürger raffen das, dass die SPD nicht deutlich auf der Seite des Steuerzahlers steht.
Hallo Herr Bürger,
sie sprechen von den Anregungen der anderen Fraktionen, die leider nicht gehört werden. Das wird von den Sozialdemokraten auf jeden Fall bei uns gelesen….
Wir kennen alle das Sprichwort: nichts sehen, nichts hören, nichts reden!!!!!
Ich kann Sie nur auffordern, Mut zu zeigen und sich mit Ihren starken Argumenten dem Reinheimer Kreis anzuschließen. Wir würden uns freuen ……..
Beste Grüsse Werner Göckel (Vorsitzender RK)
Ich musste eine ~kleine~ Optimierung an unserer Interpretation der Bevölkerungsdaten vornehmen. Die Deutung hat sich aber nicht geändert.